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Ein Bestiarium der Minne

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Das Mittelalter war eine christlich geprägt Zeit und alles, was den Menschen umgab, wurde mit dem christlichen Glauben in Verbindung gebracht. So galt die Schöpfung mit all ihren Bestandteilen als ein zweites "Buch" Gottes, das neben der Bibel zum Verkünder der göttlichen Botschaft wurde. Die Tiere wurden als Zeichen verstanden, die gelesen und gedeutet werden mussten, um die göttliche Botschaft zu entschlüsseln.

Der wichtigste Text im Zusammenhang der Vorstellung vom "Buch der Natur" ist der "Physiologus", eine aus der Antike stammende Zusammenstellung von Kapiteln, die je ein Tier beschreiben, seine Eigenschaften auf die Heilsgeschichte auslegen und später auch moralisch deuten.

Das mittelalterliche Verständnis vom Tier unterscheidet sich also erheblich von unserem naturwissenschaftlich geprägten Blick heute. Stöbern Sie doch einmal durch die mittelalterlichen Tiervorstellungen und vergleichen Sie diese mit Ihrem heutigen Wissen von den jeweiligen Tieren:

http://bestiary.ca/index.html

Diese stark christlich aufgeladenen Tierbilder konnten auch in den Minne-Kontext übertragen werden. So wird beispielsweise das Bild vom Einhorn im Schoße der Jungfrau, das für Jesu Geburt durch Maria steht, in den höfischen Minnekontext integriert, wodurch einerseits die höfische Minne idealisiert, andererseits das christliche Bild säkularisiert wird.

Ein ganzes "Minne-Bestiarium" bietet Burkhard von Hohenfels in seinem Lied Nâch des aren site ir êre.